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Dit war’n janz normaler Tach in Berlin, wa? Herr Lehmann, ’n Urjestein von Berliner mit ’ner Fresse, die jenauso aussehen tat, wie ’ne Currywurscht schmeckt – ehrlich, direkt und ’n bisschen verknittert – stand an der Warschauer Brücke und grinste sein leicht schäbiges Lehmann-Grinsen.
In seiner Hand? Na, seine Lieblingssache – ’ne dicke Rolle Klebeband. Und nich irjendwatt für’n Umzuch oder so, nee! Dit war Spezielklebstoff für die Seele. Weil auf dem Band, da stand’s janz fett in schwarze Buchstaben: „BERLIN“.
„Is doch klar“, murmelte er vor sich hin, als er wieda son Laternenmast ins Visier nahm. „Wenn schon nüscht mehr echt is, muss ick wenigstens Berlin in Berlin festkleben.“ Zack, zack – Band drumrum, janz ordentlich, zwee Umdrehungen, fertisch!
Aber Lehmann war keen Mann, der sich uff eene Stadt beschränkte. Nee, der war für’n innadeutschen Export zuständig. Also schnappte er sich am Wochenende öfter mal ’n billjet Bahnticket nach Hamburg, München oder Düsseldorf und markierte sein Revier. Jede Stadt brauch schließlich n bisschen „BERLIN-Klebeband“, dachte er sich.
Doch eines Tages, als er in Köln wieder mal so ’ne Laterne verschönerte, tippte ihm plötzlich so’n Typ in ’ner orangenen Weste auf die Schulter.
„Dat is ne Sachbeschädigung!?“, knurrte der Typ.
„Nee, dit is Kunst“, erwiderte Herr Lehmann mit seinem besten Berliner Schnauzertonfall.
„Jaja, Kunst – janz Berlin is Kunst, wa?“, meinte der Typ und zog ein Handy zur offiziellen Bestandsaufnahme aus der Tasche.
Herr Lehmann guckte sich um. Links der Dom, rechts ne Bäckerei, inne Mitte er mit seinem „Berlin“-Klebeband. Dit sah ja wirklich aus wie ’n lebendjetwordener Hauptstadt-Virus. Und vielleicht hatte der Weste-Typ ja sogar Recht?
Aber bevor der dit offiziell machen konnte, riss unser Herr Lehmann fix noch n Stücke von seiner Rolle ab, pappte es dem Typ auf die Brust und meinte: „So, jetzt biste och Berlin, wa?“ Dann machte er sich schleunigst vom Acker – Richtung Berlin-Hauptbahnhof, Richtung Heimat.
In Berlin warteten schließlich och noch Laternen.
Ende.
